Nuovo centro comunale di Velturno
Panorama
Wenn man, vom Schloss aus kommend, die Dorfstrasse entlang geht, öffnet sich inmitten der kompakten Häuserfront, kurz vor der Sankt Lorenz Kirche, ein Fenster zur breiten Landschaft des Felthurnser Hochplateaus. Bis vor wenigen Jahren behinderte kein Gebilde unseren Blick: ein Obstgarten im Vordergrund, die leicht abfallende Wiese, die Pfarrkirche im prekären Gleichgewicht am Rande der schattigen Eisacktaler Schlucht und, jenseits davon, die Dolomiten.
Das ursprüngliche Kontinuum von Landschaftsräumen, welches unseren Blick vom Dorf bis hinüber zu den Bergen schweifen ließ, wurde bereits vom Anblick des Schulgebäudes unterbrochen. Unser Blick hat nämlich an Tiefe verloren, das Panorama der Pfarrkirche und des Gebirges erscheinen jetzt wie eine flache Kulisse hinter den Neubauten. Wir wollten, durch die vorgesehene Bebauung, wenigstens diesen Ausblick in die Ferne bewahren.
Alle 4 Gebäude werden an den Rand des Areals, zur Schule und zur nördlichen bzw. südlichen Grenze hin gerückt, um möglichst viel Freiraum für den neuen Gemeindeplatz zu schaffen. Die neuen ein bis zweigeschossigen Fassaden decken die "blinde" Hinterwand des Schulkomplexes ohne Teile des Panoramas zu verbergen. Nur die spitzige Form des neuen Rathauses hebt sich über diese neue flache Dachlandschaft ab.
Der Platz
Vom Dorf aus betritt man durch eine leicht geneigte Ebene den neuen Platz, der sich flach zwischen den neuen 4 Häusern ausbreitet. Die Unterteilung des vorgesehenen Bauvolumens in 4 unabhängige Einheiten erlaubt einerseits eine bessere Integration in dem bestehenden dörflichen Kontext und andererseits vermeidet sie, dass ein geschlossener Raum entsteht. Zwischen den Gebäuden werden Fugen offen gelassen; das horizontale Leinwand-Panorama teilt sich in einzelne Fotogramme: das Schloss und die östliche Flanke des Königsangers erscheinen am Ende des verglasten Foyers zwischen beiden Sälen des Mehrzweckgebäudes, zur Plose hin öffnet sich der natürliche Balkon zwischen Mehrzwecksgebäude und jenem der öffentlichen Dienstleistungen, der Blick auf die Pfarrkirche und den Peitlerkofel wird von der Fuge nördlich des Rathauses preis gegeben, zur Landschaft des Eisacktaler Mittelgebirges breitet sich hingegen die Gasse zwischen Gemeinde und Geschäftshaus aus.
Das neue Dorfzentrum wird somit zu einer Art optischen Linse und zwar hat die Freihaltung der wichtigen Sichtachsen die abgewinkelte Form der 4 Gebäude bestimmt, um ein Netz von Blickbeziehungen zu schaffen, der diesen neuen, künstlichen Platz an den Merkmalen der Dorflandschaft verankert.
Das Rathaus
Die Spannung zwischen dem geschützten Platz und der Offenheit der weiten Landschaft wird in der Planung des Rathauses thematisiert. Die Eingangshalle ist wie eine verglaste Loggia, eine Art Schaufenster des Dorfes, das den öffentlichen Raum im Inneren des Gebäudes fortsetzt. Sie ist mit dem im oberen Geschoss gelegenen Ratsaal direkt verbunden und von den Verwaltungsräumen der Gemeinde abtrennbar, um eine Nutzung auch außerhalb der Öffnungszeiten zu ermöglichen. Von dem Foyer aus betritt man über eine Verengung einen linsenförmigen, teilweise zweigeschossigen Erschließungsraum, von dem aus alle Ämter der Gemeindeverwaltung erreichbar sind. Wie eine Spalte zieht sich dieses von oben belichtete Atrium über die gesamte Gebäudelänge und öffnet sich durch eine raumhohe Verglasung zur südlichen Eisacktaler Landschaft hin.
Vom Foyer führt eine Treppe zum Dachgeschoss, wo der kommunale Ratsaal vorgesehen ist. Dieser bis 5 Meter hohe Raum wendet sich zum westlich gelegenen Dorfzentrum und zur Sankt Lorenz Kirche; der Vorraum gewährt hingegen einen großzügigen Blick nach Osten hin zur Pfarrkirche. Die „Regierung“ der Gemeinde, mit den Büros des Bürgermeisters, Referenten und des Gemeindesekretärs ist in dem ersten Geschoss unterhalb des Platzes untergebracht. Vom Atrium im Erdgeschoss gelangt man über einer Treppe direkt in die Wartezone mit einem großen, zum Villnössertal gerichteten Fenster. Ein Geschoss tiefer sind Lagerraum und Archiv untergebracht. An der südöstlichen Ecke des Gemeindehauses sind die Räumlichkeiten des Seniorentreffs gelegen, die über einer überdachten Terrasse an dem neuen vorgeschlagenen Bibliotheksplatz angeschlossen sind.
Mehrzwecksäle
Wir haben auf eine unterirdische Lösung für das Gebäude der Mehrzwecksäle verzichtet, um die damit verbundene teure Ausschüttung gering zu halten und eine zu starke Änderung des Geländeverlaufs zu vermeiden. Andererseits glauben wir, dass eine ebenerdige Verknüpfung von Sälen und Platz unverzichtbar sei, um diesen neuen öffentlichen Raum zu beleben. Trotz des großen Bauvolumens hindert das Gebäude, von der Dorfstrasse aus, keineswegs den freien Blick auf die Bergkulisse. Das asymmetrische Giebeldach und die Biegung der Südfassade lassen das Gebäude vom Dorf aus kommend als eines seiner Häuser erscheinen. Erst wenn man den Platz betritt, wird die Größe des Mehrzweckgebäudes deutlich. Die flache Neigung des Daches, die dem Verlauf des Platzbodens entspricht, lässt aber den Bau eher wie eine lang gestreckte Wand als einen Baukörper erscheinen, wie einer der hohen Umfriedungsmauern des Schlosses.
Das Foyer zwischen beiden Sälen ist eine der offenen Fugen, die den Platz mit den Merkmalen des Dorfes verbindet, ein transparenter Raum, der sich zum Schloss hin ausrichtet.
Konstanten
Die Materialisierung nimmt Bezug auf die ortsübliche Bauweise. Für alle 4 Gebäude sehen wir eine monolithische, gemauerte Außenwand mit braun gräulichem Kratzputz und einer dorfüblichen Lochfassade. Neben den normalen Fenstern werden aber einige Fensteröffnungen gezielt überdimensional vergrößert. Sie signalisieren nach außen einige innere Sondernutzungen (das Büro des Bürgermeisters, der Saal des Gemeindeausschusses, der Ratsaal, das Kaffee, der Gruppenraum der Kindertagesstätte) und werden wie eigenständige Elemente auf der Fassade montiert.
Die Gebäude passen sich dem architektonischen Topos des Ortes an: Sie haben nämlich ein Dach. Das Dach ist eine der Konstanten des Dorfes, welche sich im neuen Zentrum wieder finden sollte. Wir haben daher versucht, nicht nur Abbildungen davon zu reproduzieren. Das Dach sollte nämlich nicht ein aus Anpassungszwang draufgesetzter Hut sein. Denn, unter dem Dach, bilden sich besondere Räume, wie beispielsweise beim Ratsaal oder bei den Mehrzwecksälen. Das Dach verstärkt dort die Objekthaftigkeit der Baukörper, die Drehung des Firstes des Rathauses, die diagonal quer verläuft, bildet zum Beispiel auf jeder seiner Fassaden geneigte Dachgesimse. Man muss um das Gebäude herum laufen, um eine Giebelfront, vergeblich, zu suchen (auch die Hauptfassade ist nur die Hälfte davon!).
Von manchen Standpunkten aus verschwinden Teile der Fassaden aus unserem Blickfeld und tauchen dann wieder auf. Die Relativität des Standortes des Betrachters innerhalb des Stadtraumes wird somit in die Architektur einbezogen. Das Erscheinungsbild der Gebäude verändert sich durch die Bewegung des Betrachters und fördert gleichzeitig die Bewegung durch den Platz.