Historisches Museum Frankfurt
Stadtbild. Ein unvoreingenommener, unbeschwerter Zugriff auf das Thema fällt schwer.
Die Aufgabe, Altes durch Neues an gleicher Stelle und mit gleicher Nutzung zu ersetzen, kann nicht leichtfertig behandelt werden. Es stellt sich zunächst die Frage nach dem Zustand des Alten.
Bei aller Kritik an der heutigen Situation der Frankfurter Altstadt:
Durch das Implantieren großer öffentlicher Einrichtungen in die Altstadt Frankfurts im Laufe der Jahre (Technisches Rathaus, Historisches Museum, Schirn), haben sich auch Struktur und Gestalt des alten Kerns entscheidend und unwiderruflich gewandelt. Kein noch so raffiniert gestricktes architektonisches (Umstands-) Kleid vermag diese Neu-Programmierung zu überspielen.
Warum auch?
Vielleicht liegt gerade in dem collageartigen Gefüge heterogener, selbstbewußter Bausteine der individuelle Charakter der heutigen Altstadt begründet. Die Qualität der Collage läge allerdings im feinen räumlichen Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Bausteine.
Dementsprechend ist die Architektur des bestehenden Historischen Museums zurecht in die Kritik geraten. Weder die Größe noch das oft zitierte Material Beton sind dabei die tatsächlichen Ursachen für die Kritik. Es ist das Unvermögen, die Verweigerung des Baukörpers über situatives Reagieren mit der Umgebung zu kommunizieren. Eine Architektur, die nur dem eigenen normativen Regelwerk gehorcht, eine Architektur der Sprachlosigkeit.
Die Arbeit am Entwurf fällt jetzt leichter. Zuallererst das Bekenntnis zur Größe:
Der Neubau fügt sich als eine zusammenhängende, eigenständige Figur in die Struktur der Altstadt ein. Dabei lässt er noch offen, welchem Nachbarn er näher steht. Weder verschmilzt er mit dem Altbau am Mainufer zu einem neuen Ensemble, noch thematisiert er antithetisch Alt und Neu.
Über die skulpturale Bearbeitung bindet sich der Baukörper in das Quartier ein, wird Teil des städtischen Kontinuums.
Geschlemmte Ziegelmauern mit teilweise tief eingeschnittenen Fensteröffnungen unterstreichen das monolithische Erscheinungsbild des Baukörpers.
Gestalt und Struktur ermöglichen unterschiedliche Lesarten.
Die Auffaltungen sowohl in der Grundrissfigur als auch in der Dachform erzeugen das Bild einer giebelständigen Hauszeile, die Aufweitungen und Verengungen des Straßenraums an der Saalgasse erinnern an die mittelalterliche Situation.
Der Hofbereich öffnet sich über die Fuge an der Fahrtorstrasse zum Stadtraum.
Eine diafane Dachstruktur, als filigranartige Lichtfilter, überspannt einen Teil des abgesenkten Hofbereichs. Die hier vermuteten baulichen Zeugnisse des mittelalterlichen Frankfurts werden freigelegt. Passerellen überqueren das Grabungsfeld und verbinden Alt- und Neubau. Ein großzügiger Foyerraum entsteht, der dem Besucher unmittelbar an den Ursprung der Stadtgeschichte heranführt, eine adäquate Raumsituation für ein stadthistorisches Museum.
Speicher. Als großer „Speicher“ der Stadtgeschichte umfasst die Sammlung des Museums die unterschiedlichsten Exponate, die jeweils bestimmte räumliche Anforderungen stellen. Das Haus reagiert darauf mit einem vielfältigen Raumangebot:
Sämtliche Ausstellungsräume spannen sich zwischen der Nord- und Südfassade auf und reagieren mit ihrer Fluchtung auf den Verlauf der Außenfassaden.
Die einzelnen Geschosse werden an der Hofseite über eine durchlaufende „Treppenwand“ erschlossen. Die kontinuierlich aufsteigende Treppe führt im 1. Und 2.Obergeschoss jeweils in schmale zweigeschossige Räume, die über große Fenster in der gegenüberliegenden Nordfassade einen gezielten Blick auf die Altstadt bieten. Kleinere Kabinetten schneiden sich in die Lufträume ein.
Dauerausstellung:
Während sich im 1. + 2. Obergeschoss unterschiedliche große Räume aneinanderreihen, so bietet sich im Dachgeschoss, dem „Dachspeicher“, ein großzügiger, zusammenhängender Ausstellungsraum an, der durch das Spiel der gefalteten Dachflächen geprägt wird.
Wechselausstellung:Die Passerellen im Foyer setzen sich im Erdgeschoss des Neubaus fort:Sie überbrücken den zweigeschosshohen Raum für Wechselausstellungen im Sockelgeschoss.
Die westlich gelegene „Brücke“ führt zum stadtseitigen Eingang am Römer, die zweite „Brücke“ wird zum Ausstellungsraum für die Stadtmodelle (Galerie Stadtbild).
Tragwerk. Der Tragwerksentwurf unterstützt die architektonischen Konzepte für den Museumsneubau und das Foyer, indem er die Geometrie und Materialität aufgreift und sie statisch nutzt. Die architektonischen Konzepte für den Foyer und Neubaubereich sind unterschiedlich und diese Differenz wird durch die Tragwerkslösungen betont.
Foyer. Das Foyer besteht aus einem verglasten, eingeschossigen Bau, in dem das direkte Licht durch dicht aneinander liegende Trägerbalken gebrochen und gleichmäßig gestreut wird. Das Tragwerk besteht aus Stahlstützen in den Fassaden, die die primären Stahlträger im Abstand von 3.8m tragen. Stützen und Träger sind biegesteif verbunden, um die Verformung der Dachträger zu verringern und die Halle auszusteifen. Die weit spannenden primären Träger sind durch Sekundärträger miteinander verbunden, die die Dachverglasung tragen und die Primärträger seitlich halten.
Die Wege und Brücken im Erdgeschoß spannen über die freigelegten und teilweise sichtbaren Ausgrabungen. Dieses Deckensystem wird von filigranen Einzelstützen getragen die zwischen den Ausgrabungen in den Baugrund eingefügt werden. Dadurch wird das Ziel einer begehbaren, über den geschichtlichen Fragmenten schwebenden Ebene unterstützt.
Die freigelegten Ausgrabungen und Bodenflächen werden mittels einer versiegelten Schicht unterhalb der Grubensohle gegen aufsteigendes Grundwasser abgedichtet. Seitlich wird die Baugrube durch eine wasserdichte Stahlbetonwand abgedichtet, die gleichzeitig die Foyerdachstützen trägt.
Museumsneubau. Der Entwurf für den Neubau sieht ein massives Gebäude vor, in dem die vertikalen und horizontalen Ebenen ineinander gefaltet werden. Diese Faltung der Decken und Wände ermöglicht ein Tragwerk, das weitestgehend ohne Unterzüge und interne Stützen auskommt. Die Querwände werden in ihrer ganzen Höhe als wandartige Träger entworfen, die aufgrund ihrer Abmessungen wie Brücken zwischen den Außenwänden spannen können. Die Steifigkeit der Wände wird durch eine monolihtisches Zusammenwirken der Decken und Wände unterstützt. Die Decken und Wandscheiben sind aus Stahlbeton.
Die Dachkonstruktion greift das Prinzip der tragenden und gefalteten Scheibenelemente auf und variiert es. Das Tragwerk besteht aus einem räumlichen Falttragwerk, das die Scheibenwirkung der geknickten und schrägen Dachflächen nutzt, um über ein stützenfreies Obergeschoß zu spannen. Dadurch wird die Dramatik des Innenraums unterstützt , der einerseits nach Außen verschlossen ist, andererseits die Faltungen , vergleichbar zu geologischen Verwerfungen, zeigt.
Die Stabilität des Gebäudes wird durch die Längs und Querwände aus Stahlbeton gewährleistet.
Energiekonzept. Ziel des Energiekonzeptes ist der sparsame Umgang mit der Resource Energie.
Besonders im Bereich der Museumsklimatisierung gilt es die hohen klimatischen Anforderungen durch ein optimiertes Technikkonzept gerecht zu werden. Dies wird erzielt, indem die Komponenten der Energieerzeugung und –Verteilung so gewählt sind, dass der Einsatz von Primärenergie und den damit verbundenen CO2 Emissionen minimiert wird.
Ferner realisiert das Energiekonzept eine hohe Wirtschaftlichkeit durch geringe Betriebs- und Investitionskosten.
Bei der Museumsklimatisierung ist die Stabilität des Raumklimas entscheidend. Um dies zu realisieren basiert das gewählte Konzept auf ein Zusammenspiel zwischen dem Gebäudekörper und den technischen Anlagen. Die Wände, Decken und Böden werden mittels Rohrleitungen thermisch aktiviert. Dies führt dazu dass alle Umschließungsflächen den Raum gleichmäßig temperieren. Die ungewollten Temperaturschwankunkungen und Asymmetrien werden hierdurch ausgeschlossen. Dadurch dass die thermischen Lasten direkt durch den Baukörper abgeführt werden wird eine aufwendige Klimatisierung durch raumlufttechnische Anlagen vermieden. Die Lüftungsanlagen werden lediglich für die Mindest-Frischluftversorgung und zur Feuchteregulierung genutzt. Die luftführende Kanäle werden ebenfalls innerhalb der Betonwände geführt. Dies sorgt auch für ein perfektes Angleichen der Zuluft mit der Raumtemperatur. Das Versorgungskonzept sichert ein optimales und stabiles Raumklima. Ferner werden nur die notwendigsten Luftmengen durch das Gebäude transportiert welches die Investitions- und vor allem die Betriebskosten auf ein Mindestmaß reduziert.