Nuovo Museo di Storia Naturale NSM e Archivi di Stato, Basilea
Städtebau
Der gemeinsame Neubau für das Naturhistorische Museum Basel und für das Staatsarchiv Basel-Stadt entsteht an einem für die Entwicklung (integrale Re-Urbanisierung) von Grossbasel West wichtigen Gebiet.
Im Wesentlichen sind die städtebaulichen Kriterien durch den Bebauungsplan klar gegeben. Ein hohes Gebäude soll an diesem Ort einen Städtebaulichen Abschluss bilden und gleichzeitig eine Platz definierende Randbebauung schaffen, die das trennende Verkehrsbauwerk des Luzernerring-Viadukts städtebaulich einbindet.
Das neue Gebäude wird mit seinem Turm als mächtiger Gebäudekörper verstanden, der sich klar aus dem Stadtgefüge hervorhebt und damit identitätsstiftend für den werdenden Ort ist, sich jedoch feinfühlig und präzis in das Quartier und in den unmittelbaren Kontext des Vogesenplatzes einfügt.
Lokal zeigt sich das neue Gebäude sehr anpassungsfähig an die vielfältigen stadträumlichen Prämissen. Dank einer präzisen Setzung der Cafeteria und des Haupteinganges, am Fuss bzw. im Anschluss an den Turmbau wird der Vogesenplatz unter dem Viadukt vom Bahnhof zum neuen Institutions-Konglomerat NMB | StABS hin verlängert.
Die leichte Schrägstellung der Turmfront bezüglich der Strassenflucht lässt einen feinfühligen aber deutlichen Raumbezug zum Voltazentrum und tiefer in den Stadtraum zum Lothringerplatz, am Ursprung des Luzernerring-Viadukts entstehen. Es entsteht eine starke Einbindung des Neubaus NMB | StABS mit dem vom Verkehr befreiten Quartier.
Die auf 75 m langgezogene Glasfront des vollständig verglasten, gemeinsamen Foyers NMB | StABS verlängert das neue Gebäude entlang der Entenweidstrasse und schafft so einen tiefen Einblick in die Aktivitäten des neuartigen Kulturkomplexes.
Das Foyer des neuen öffentlichen Kulturkomplexes ist entsprechend als öffentliche Passage konzipiert, mit einem zweiten Zugang entlang der Entenweidstrasse. Diese Auslegung des Foyerbereichs als Erweiterung des öffentlichen Raumes bringt diesen einzigartigen Kulturort der Bevölkerung des Quartiers und den Passanten näher. Die zwei Eingänge bieten ausserdem funktionelle Vorteile, die eine separate Nutzung einzelner gemeinsamer Bereiche erlauben.
Architektur
Ausgangspunkt des Entwurfs ist die synergetische Zusammenlegung von zwei bedeutenden Institutionen zu einem einzigartigen Kulturort, der den städtebaulichen, inhaltlichen und funktionalen Anforderungen standhält und dem neuen Gebäude ein charakteristisches Erscheinungsbild verleiht.
Der Ort dieser Synergie sind die gemeinsam genutzten Bereiche. Diese sind im neuen Kulturkomplex alle um das gemeinsame Foyer gegliedert, als öffentliche Passage mit Cafeteria und Museumshop ausgelegt, wo Besucher und Passanten sich aufhalten, versorgen, orientieren oder auch nur flanieren können.
Das Foyer wird so als öffentlicher Innenraum die publikumsaktive Übergangszone zum Innenberiech der Institutionen. Beide Institutionen NMB | StABS sind sowohl vom Strassenraum als vom Foyer aus sichtbar, gleichwertig und trotzdem klar zu unterscheiden.
Das Café ist als eigenständige Nutzung sowohl mit dem Foyer verbunden, ist aber direkt auf den Vogesenplatz / Bahnhof St. Joseph und das dahinterliegende Quartier ausgerichtet. Der direkte Zugang von Aussen und der dank dem Rücksprung des Turmvolumens grosszügige Aussenraum erlauben eine Ausrichtung der Gastronomie zum Stadtraum.
Über grosszügige Treppen und mehrgeschossige Lufträume erweitert sich die Foyer Passage im Bereich des Haupteingangs nach oben hin zum Naturhistorischen Museum Basel und nach unten hin zum Staatsarchiv. Schon vom Strassenraum aus sind Einblicke in das Innenleben der Institutionen möglich.
Die Publikumsfremden Nutzungen sind jeweils an den Gebäudeenden angeordnet: im südlichen Turm die Büros der Verwaltung beider Institutionen, im nördlichen Teil die Anlieferung und die Werkstätten. Der Personaleingang am Vogesenplatz ist direkt mit dem Café verbunden.
Die Ausstellungen, der Vermittlungsberiech und die Bibliotheken bilden das Publikumsseitige Herzstück des Naturhistorischen Museum Basel. Diese Bereiche sind in einer sinnvollen Raumfolge als Promenade Architecturale ausgelegt, die sich in einer logischen Schichtung horizontal und vertikal durch das Gebäude zieht. Dieser zentrale Publikumsbereich ist allseitig von den Sammlungen umgeben. Die Zirkulation ist durch einen zentralen Treppenraum so gegliedert, dass jederzeit sowohl ein geführter Rundgang durch das ganze Museum möglich ist bzw. eine persönliche Gestaltung des Besuches durch Abkürzungen und direkte Zugänge zu besonderen Ausstellungsberiechen möglich ist. Immer wieder sind durch sinnvoll angeordnete Verweilzonen und Erschliessungsberiechen Einblicke in die Sammlungen und Präparatorien möglich.
Die Innenwelt des NMB ist äusserst vielfältig und flexibel ausgelegt und erinnert an einen Organismus, der mit einer einfachen Struktur komplexe Raumerlebnisse ermöglicht. Diese Erlebniswelt hat eine gewisse Analogie sowohl mit den Fundorten der Exponate als auch mit dem Innenleben eines riesigen Tieres. Typologisch ist die Raumfolge analog zu ortspezifischen Bewegungsabläufen, wie Passagen, Passerellen, Viadukte, Höfe, Durchgänge.
Der Empfangsraum StABS ist auf zwei Ebenen klar artikuliert. Die gemeinsame Foyer Passage NMB | StABS dient als Übergangs- und Orientierungszone und enthält in einem klar definierten Bereich das Auditorium und den Seminarraum als synergetisch nutzbare Räume. Über eine grosszügige Treppe erweitert sich dieser öffentlichere Bereich nach unten hin in die eigentliche Empfangshalle StABS. Hier profiliert sich das Staatsarchiv als einladende, öffentlich zugängliche Institution und es entsteht eine attraktive Empfangs- und Übergangssituation zum Lesesaalbereich, wo das Archivfenster, die Bauplanausgabe und die Lesesäle über den grosszügigen Hallenraum der Foyer Passage natürlich belichtet sind. Sowohl vom Aussenbereich wie von der gemeinsamen Foyer Passage ist über die langgezogene Verglasung ein vollständiger Einblick auf Archivfenster und Lesesaalbereich gegeben.
Sämtliche Magazine des StABS stehen unter der Maxime grösstmöglicher Sicherheit in den Untergeschossen, wo stabile und materialgerechte Lagerbedingungen garantiert werden können und der bestmögliche Schutz gegen schädliche Umwelteinflüsse und Fremdeinwirkungen gegeben ist.
Die Werkstätten befinden sich sinnvollerweise direkt unterhalb der gemeinsamen NMB | StABS Anlieferung in Anschluss an den Warenlift. Der Erschliessungsraum ist als Grossraumbüro mit natürlicher Belichtung über einen grosszügigen Lichthof.
Die Verwaltungen beider Institutionen NMB | StABS sind konsequent im Turmbau untergebracht, und zwar als „Gebäudekopf“ oberhalb der Museumswelt NMB. Hier finden sich auf 7 Geschossen mit je 380 m2 GF die Backoffice-Bereiche der beiden Institutionen, konsequenterweise getrennt und über einen separaten Mitarbeiterzugang neben der Cafeteria vom Vogesenplatz aus erschlossen und nach Abteilungen gruppiert.
Konstruktion und Materialisierung
Die Bauweise des neuen Kulturkomplexes NMB | StABS ist auf die Nutzerbedürfnisse abgestimmt. Sie bietet dank einer grosszügigen und rationellen Struktur grösste Flexibilität und Einfachheit bei der Realisierung.
Der Einsatz von nachhaltigen, unterhaltsarmen, erprobten Baumaterialien ist im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit ein wichtiges Kriterium für die Materialisierung. Das Kompakte Bauvolumen mit einem ungewohnt hohen Anteil an geschlossenen Gebäudeteilen (Sammlungen und Ausstellungsräume NMB, Archive StABS, Lager) ist zum grössten Teil mit einer Backsteinfassade eingekleidet, die im Sockelbereich durch einen rot eingefärbten Beton ergänzt wird.
Der Rote Beton im Sockelberiech und an anderen für die Tektonik der Gebäudehülle relevanten Stellen, knüpft an die Tradition des für Basel charakteristischen roten Sandsteins an und fügt sich mit den Backsteinfassaden zu einer farblichen Einheit.
Das Mauerwerk der grossflächig geschlossen Fassaden ist durch eine besondere Auswahl der Stein-Farben und –Disposition gemustert. Es entstehen einerseits Schichtungen, die auf geologische Sedimentationen anspielen, und gleichzeitig Musterungen, die Analogien an einen (Geheim-) Kodex aufkommen lassen.
Für die roten Betonteile der Fassade ist das Einarbeiten eines repetitiven Reliefs vorgesehen, der fast wie in einem Palimpsest eine Überlagerung von Elementen aus den Fachwelten beider Institutionen des Kulturkomplexes enthält: Das Relief wird sozusagen zur naturhistorischen Hieroglyphe.
Die Betonstruktur ist im Hinblick auf eine grösstmögliche Nachhaltigkeit optimiert und soweit wie möglich in Recycling-Beton ausgeführt. Vorgeschlagen wird dank der besonderen Bauweise ein möglichst weitgehender Verzicht auf Verkleidungen. Dieses Konzept kann mit dem Begriff Edelrohbau zusammengefasst werden.
Die langgezogene, grossflächige Verglasung des Foyers wird zum riesigen Schaukasten, wo sich die sonst verschlossenen Sammlungen und Archive zum Stadtraum öffnen. Es entsteht Urbanität und der Kulturort wird zum Landmark in einem Quartier, das nach Identität und Integration in das Stadtgefüge Grossbasels strebt.
Im Bereich der Administrationen im Büroturm ist die Backstein-Gebäudehülle durch eine grossmassstäbliche Öffnung über 7 Geschosse unterbrochen, die mit einer weitgehend verglasten Fassade ausgefüllt ist und so Ausdruck der typischen modularen Fassaden der Bürowelten ist. Die Leichtbaufassade basiert auf einer Pfosten/Riegel Konstruktion, die allen Energetischen und funktionalen Anforderungen entspricht und ein effizientes aussenliegendes Sonnenschutz-System integriert.
Die Grossmassstäblichkeit des massiven und geschlossenen Gebäudevolumens wird an diesen Stellen durch eine filigrane, leichte, transparente und kleinmassstäbliche Modularität kontrastiert.
Das Gebäude versucht die Wesentlichkeit des Ortes zu erkennen um ein neues Gleichgewicht zwischen Inhalten, Institutionen und Kontext herzustellen, das in sich selbst ruht, mit einer eigenen Natürlichkeit versehen, eine „Selbstverständlichkeit“ die an ein kollektives Gedächtnis anzuknüpfen vermag.