Bet- und Lehrhaus Petriplatz Berlin
GESCHICHTE(T)
Souterrain/Eingangsgeschoß/Begegnungsraum mit 3 integrierten Beträumen
Das kompakte Eingangsgeschoß, das großzügig den historischen Boden überspannt, bildet die Basis für den zentralen gemeinsamen Begegnungsraum und die darin integrierten Beträume. Durch die visuelle Verknüpfung der verschiedenen Ebenen entstehen eine einladende innere Offenheit und selbstverständliche Orientierung.
Das Haus ist erdacht als Gefüge poröser Schichtungen. Entrückt von der nahen Welt der vielen, alltäglichen Dinge, reduziert auf Raum und Atmosphäre. Im Wesen still und empfänglich für das Ferne. Darüber hinaus eine Welt für sich, die auch geprägt ist von Rändern, Schwellen und Übergängen, die zur verfeinerten Wahrnehmung und zum Lebensaustausch anregen.
GEBAUT AUS WEISSZEMENT UND LICHT
Das Bauwerk ist lapidar in seiner Präsenz – außen und innen. Fest, bestimmt, aber nicht bedrängend. Ein heller monolithischer Körper mit einheitlicher Oberfläche (Boden, Wand, Decke,…) aus warmfärbigen Beton mit lichten, weißlichen Nuancen. Es ist ein guter Grund für die Malerei des Lichts, das je nach Situation direkt oder indirekt, von oben, seitlich oder von unten einfällt. Das Spektrum reicht von konzentriert gerichtet bis weit gestreut.
Die allseitig poröse Wand des Begegnungsraumes erzeugt atmosphärische Außenraumqualitäten ohne auf die für die Gemeinschaft notwendige Geborgenheit zu verzichten. Der Raum ist in seiner spezifischen Gestimmtheit auch Vorbereitung für die Beträume, die ihm eingeschrieben sind. Hier fällt jedoch der verschleierte Außenbezug weg und an seine Stelle treten die Beträume in Beziehung zu einander, zum Licht, zum Gemeinsamen.
Während das untere Drittel verschlossen bleibt um jede Blendung zu verhindern, dringt darüber lebendiges Licht, von massiven Glasfüllungen vielfältig gebrochen durch Decke und Wände. Dadurch entsteht eine unverwechselbare transzendente Atmosphäre, die – trotz unterschiedlicher Lichtintensität und Ausgestaltung der Räume – verbindend für alle 3 Religionen ist.
Am Abend vermittelt der erleuchtete Begegnungsraum strahlende Lebendigkeit nach außen ohne Einblicke freizugeben. Die Lage im Obergeschoß und die Tiefe des Mauerwerks verhindern ungebetene Einsicht.
RUHE UND BEWEGUNG
Hof/Vorhalle/Begegnungsraum/Beträume
Die aufgespannte Raumsequenz bezieht sich auf die langen Traditionen des Sakralbaus, die für alle Religionen in ähnlicher Weise relevant sind.
Der Weg beginnt an der Gertraudenstraße oder an der Westpforte von wo er über einen geschützten, kontemplativen Hof führt, der geprägt ist von Erde, Wasser und (3 großen) Bäumen. Das Erdgeschoß beinhaltet alle erforderlichen Nebenräume und die weitgeöffnete einladende Vorhalle, die an der Schnittstelle – zwischen West (Hof) und Ost (Gertraudenstraße), zwischen unten und oben liegt:
Eine knappe Stiege führt auf historisches Terrain hinab, das weitgehend unberührt bleibt. Nur die Mikwe wird in den Rest des alten Bestandes eingebettet. Hier wird die Geschichte des Ortes zugänglich, ohne zum „Event“ gemacht zu werden. Eine ruhige, eine intime Begegnung mit dem Ort wird möglich.
Eine breite, großzügige Treppe verbindet die Vorhalle mit dem Begegnungsraum, der auch Empfang, Bibliothek und Café beinhaltet. Der Begegnungsraum entfaltet sich sukzessiv beim Aufstieg und ist allseitig extrovertiert. Er ist noch Bestandteil des Nord-Süd gerichteten Bewegungsflusses, der schließlich wieder zur ursprünglichen Ostorientierung (Zugang über Hof nach Osten) zurückkehrt. In den introvertierten Beträumen kommt der Bewegungsfluss zum Stillstand und wird zur gesammelten Orientierung.
Am Endpunkt des Weges findet der Mensch zur Ruhe. Umgeben von schwebendem Licht und geborgen in einem Raum, der aufgrund von Ausgestaltung und Proportionen dementsprechend nach innen gekehrt und in sich ruhend ist.
KONSTRUKTION
Das Tragwerk ist eine monolithische Betonkonstruktion. Sie berührt den archäologisch bedeutenden Boden nur an wenigen Stellen. Aus diesem Grund konzentriert sich die Lastaufnahme auf die doppelschalige Fassade, die statisch als steife Scheibe wirkt und daher auch größere Spannweiten ohne Fundierung überbrücken kann. Die Außenwände ruhen auf einem Kranz vorgespannter Stahlbetonfertigteile, die nur punktuell die Fundamente der alten Petrikirche, die wenn nötig leicht durch Mikropfähle verstärkt werden, berühren und somit sicherstellen, dass die Ausgrabungen so weit wie möglich unbeschädigt bleiben. Es entsteht ein Horizont, der das Neue vom Alten trennt und gleichzeitig verbindet.
Die Wände im Erdgeschoss bilden zusammen mit den Decken ein steifes System, das im Gebäudeinnern keine zusätzlichen Abstützungen benötigt und somit das Tiefparterre frei spielt. Einzig der ohnehin auf den Boden reichende Technikraum wird mit einigen Mikropfählen fundiert.
Dem Prinzip der konzentrierten Fundierung entsprechend hängen die oberen Geschosse an einem Trägerrost in der Dachebene. Dies ermöglicht ein stützenfreies erstes Obergeschoss. Die darüber liegende Decke wird als Rippenplatte ausgebildet, um ihr Gewicht gering zu halten. Sie wird mit diagonal verlaufenden Spannkabeln an die Dachträger gehängt. Die relativ kleinen Kabeleinheiten lassen sich mühelos zwischen die rautenförmigen Aussparungen verlegen.
Der Trägerrost im Dach ist vorgespannt. Den grössten Lastanteil übernehmen die quer zum Gebäude verlaufenden Träger, die wie einfache Balken auf der Innenschale der Fassade aufgelagert sind. Die Fassaden mit den rautenförmigen Durchbrüchen gewährleisten die räumliche Stabilität des Gebäudes mit einfachen Mitteln.
Um die Homogenität des Kunststeins zu bewahren wird seine Oberfläche steinmetzmäßig bearbeitet. Dies dient nicht nur dazu, die auf Grund der Perforation notwendigen niedrigen Betonierabschnitte - bei Höhen von 1 m bis 1.5 m ist ein einwandfreies Verdichten der Diagonalen noch gut möglich und man erzielt einen qualitativ hochwertigen Beton - zu vereinheitlichen, es erzeugt auch eine besondere taktile Qualität, die zusammen mit der hellen, warmen Farbigkeit eine einzigartige Atmosphäre generiert.